Re-Use im Brückenbau – Reussbrücke Mühlau

«Das Projekt fusst auf einem originellen Ansatz und zeigt als einziges Team auf, wie die bestehenden Stahlträger wiederverwendet werden können. Der Ansatz des Weiterbauens und die Minimierung von Eingriffen, auch in den Naturraum, werden konsequent verfolgt. Der Vorschlag zeigt vorbildlich die Auseinandersetzung mit Vorhandenem, auch im materiellen Sinn.» Das wertschätzende Fazit der Jury freut uns und unterstreicht – trotz verpasstem Erfolg –, dass wir mit unserem grundsätzlichen planerischen Ansatz auf dem richtigen Weg sind.
Der Studienauftrag thematisierte den Ersatzneubau der Reussbrücke Mühlau, die die gleichnamige Gemeinde im Kanton Aargau mit der Gemeinde Hünenberg im Kanton Zug verbindet. Die bestehende Brücke ist in einem schlechten Zustand.
Unser Team, bestehend aus der Ingenieurgemeinschaft Lüchinger+Meyer und CESMA Ingenieros sowie Waeber Dickenmann Steinegger Partner Architekten liess sich in der Entwurfsarbeit insbesondere von der Zielstellung einer «besonders umweltfreundlichen» Brücke leiten. Die vorgeschlagene Lösung für den Ersatzneubau basiert auf einem Re-Use-Konzept: Die beiden Vollwandträger aus Stahl des bestehenden Überbaus werden wiederverwendet, um ein neues, breiteres Trogprofil in Verbundbauweise aus Stahl und Beton zu schaffen. Der Gehweg wird ausserhalb des Trogprofils auf einer leichten Konstruktion aus Holz und Stahl geführt.

Die so erreichte räumliche Trennung zwischen Strassenverkehr und Langsamverkehr erlaubt es den Fussgängern, die herrliche Naturlandschaft an der Reuss in Ruhe zu geniessen. Das Holz der Gehfläche des Fussweges signalisiert und manifestiert die Durchquerung des Naturschutzgebietes der Reuss auch physisch. Die Wiederverwendung der bestehenden Stahlträger verbessert nicht nur die Ökologie- und Energiebilanz wesentlich, sondern erleichtert auch die Erstellung des Neubaus und reduziert die Kosten beträchtlich. Folgerichtig erreichte das eingereichte Projekt die niedrigste Gesamtkostenprognose aller Entwürfe. Die bestehenden Stahlträger weisen eine besonders schlichte Erscheinung auf, welche typisch für die ersten geschweissten Stahlkonstruktionen ist. Die Erhaltung dieser ursprünglichen Formgebung gewährleistet eine harmonische und ruhige Integration der Brücke in die sensible natürliche Umgebung. Aber trotz der Einbindung der bestehenden Träger handelt es sich um ein neues, modernes Bauwerk. Und dies nicht nur infolge der Verbesserungen bezüglich Strassenquerschnitt und Verkehrsführung. Auch das Tragsystem ist nicht mit dem gegenwärtigen vergleichbar. Einerseits werden die Stahl- in Verbundträger umgewandelt und die Fahrbahnplatte kommt ganz ohne Querträger aus, während andererseits Über- und Unterbau monolithisch verbunden sind, womit es sich um eine integrale Brücke handelt. Solche fugenlosen Systeme, welche zudem ein duktiles Tragverhalten aufweisen, sind nicht nur zuverlässig und robust, sondern tragen auch zu einer Reduktion des für den Unterhalt notwendigen Aufwandes bei.

(Visualisierungen: Waeber Dickenmann Steinegger Partner)