Neues aus dem Fassaden-Lab

Mit der Inschrift «The Materials are Iron and Glass» beschreibt die Medaille der Weltausstellung 1851 den Crystal Palace treffend. Die wenig später um 1860 errichteten Schauhäuser des Botanischen Gartens der Universität Bern liessen sich in gleicher Weise klassifizieren. Gemeinsam mit Suter+Partner Architekten planen die Fassadenexperten von Lüchinger+Meyer derzeit die Sanierung der Häuser, die denkmalgeschützte filigrane Stahlstruktur muss dabei erhalten bleiben. Um mit möglichst wenig Verstärkungsmassnahmen die Tragsicherheit dieser Struktur zu gewährleisten, wird das Flächengewicht der Dachverglasung auf ein absolutes Minimum reduziert. Innerhalb der bauphysikalischen und denkmalpflegerischen Randbedingungen sowie der Berücksichtigung der für das Pflanzenwachstum wichtigen Strahlung, wurde eine Variantenstudie möglicher Isolierglasaufbauten durchgeführt. Dabei spielen die weiterentwickelte Glasveredelung und dadurch verbesserte Glaseigenschaften der heutigen Zeit die entscheidende Rolle. Leichte und höchst leistungsstarke, chemisch vorgespannte Gläser von nur 0.7 mm Dicke aus der Xensation Produktfamilie sowie 4mm starke Low-E-beschichtete Einscheibensicherheitsgläser (ESG) werden in einem Isolierglasaufbau kombiniert.

Das aussenseitige ESG dient dem aus den äusseren Einwirkungen resultierenden Lastabtrag, die Low-E-Beschichtung vervollständigt die thermische Isolation. Der Scheibenzwischenraum des Isolierglases wird auf der Innenseite durch die chemisch vorgespannten Gläser mit einem absoluten Minimum an Materialeinsatz gebildet.
Um die Tragsicherheit und Personensicherheit des Leichtbau-Isolierglases und des chemisch vorgespannten Glases zu untersuchen, wurde eine Prüfkonzept entwickelt. Untersucht wurden die Festigkeit, der Einfluss von Oberflächenbeschädigungen, das Bruchbild infolge verschiedener Belastungen und die Resttragfähigkeit. Die erzielten Ergebnisse bestätigen die Annahme, dass das beeindruckende Verformungsvermögen des Glases zu einem hohen Sicherheitsniveau führt, ohne selbst ein Sicherheitsrisiko darzustellen. Durch Beschuss mit einer Hagelkanone wurde eine Hagelwiderstandsklasse 3 erreicht. Die Strahlungstransmission des gesamten Isolierglases wurde mit einem Spektralphotometer gemessen. Dabei wurde eine Lichttransmission von 82% und eine UV-Transmission von 52% erreicht. Die Arbeiten für die Sanierungsmaßnahmen haben bereits begonnen und das entworfene Glas wird Mitte nächsten Jahres eingebaut.