Guy Montag

Am Standort Union/Blumenmarkt in der Stadt St. Gallen soll eine neue Bibliothek für Stadt und Kanton entstehen und die derzeitigen provisorischen und dezentralen Einrichtungen ablösen. Künftig sollen Kantons- und Stadtbibliothek betrieblich und räumlich zusammengeführt werden. Im Rahmen eines Wettbewerbs wurden Entwürfe für eine moderne, den Anforderungen der Zukunft gewappnete Bibliothek im Sinne einer «Public Library» erarbeitet, die die vielfältigen Angebote und Nutzungen synergiereich und funktional stimmig unter einem Dach vereint.

Der von E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten in Zusammenarbeit mit Lüchinger+Meyer entwickelte Projektvorschlag wurde mit dem 2. Rang ausgezeichnet. Als Titel des Projekts und kraftvollen symbolischen Kompagnon wählten die Entwurfsverfassenden «Guy Montag» aus. Der Protagonist aus Ray Bradburys berühmtem Roman «Fahrenheit 451» entdeckt in einem totalitären System die «verbotene» Liebe zur Literatur und wird zum Bewahrer und Verteidiger der Bücher. Der gleichnamige Entwurf sieht als «begrüssungswerte Strategie die Erhaltung und Ertüchtigung von Haupt- und Flügelbau des Union-Gebäudes vor». Diesem wird ein achtgeschossiger, turmartiger Neubau zur Seite gestellt, der eine Vielzahl der gewünschten Nutzungen integriert.

 

Das einfache und klare Tragwerk leistet einen wesentlichen Beitrag zur Strukturierung des räumlichen Gefüges des Gebäudes. Es handelt sich in Analogie zu den bestehenden Gebäuden des Ensembles um einen effizienten Skelettbau in Massivbauweise, welcher durch einen kräftigen Erschliessungskern stabilisiert wird. Die Geschossdecken sind als Flachdecken in Ortsbeton ausgebildet, welche von vorfabrizierten Pilzstützen getragen werden. Decken und Stützen bleiben weitestgehend sichtbar. Die Pilzstützen verringern ihre Abmessungen geschossweise von unten nach oben entsprechend den anfallenden Lasten. Dank den Pilzköpfen der Stützen können die Decken relativ schlank gehalten werden.
Nach Ansicht der Jury zeichnet sich das Projekt Guy Montag dadurch aus, «dass es zu vielen Aspekten spezifische, massgeschneiderte Lösungen entwickelt.» Auch das erkennbare Bemühen, Fragen der Nachhaltigkeit in den konzeptionellen Fokus zu rücken, wird explizit gewürdigt. Tragwerksseitig erfolgt die Auseinandersetzung mit dieser Thematik insbesondere durch Einschränkung der CO2-Emissionen mittels konsequenter Reduktion der Tragkonstruktion aus Stahlbeton. Diese wird durch eine Systemtrennung und eine geradlinige Lastabtragung gefördert. Daneben wurde darauf geachtet, dass viele Bauteile aus RC-Beton gefertigt werden können.

Die 29 Wettbewerbsprojekte können noch bis 3. Juli 2021 in der Hauptpost St. Gallen besichtigt werden. (Informationen)

(Foto/Visualisierungen: E2A)